01.08.2006

8. Biennale des cinémas arabes (II)

Der Spielfilmwettbewerb… …. ging vielversprechend los. Barakat! (Es reicht!) (Algerien /F 2005) , Spielfilmdebüt der Algerierin Djamila Sahraoui, erzählt die Geschichte von Amel (Rachida Brakni, als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet), einer jungen Ärztin im Algerien der 90er Jahre. Mitten im Bürgerkrieg wird ihr Ehemann, ein kritischer Journalist, verschleppt. Zusammen mit Khadija, einer wesentlich älteren Schwester, die im gleichen Krankenhaus arbeitet, macht sie sich auf die Suche nach ihrem Mann. Doch der Bürgerkrieg bildet für Sahraoui nur die Folie, vor der sie das Verhältnis der beiden Frauen, der Generation FLN und der Kriegsgeneration beschreibt. Man sieht Barakat! an, dass seine Regisseurin vom Dokumentarfilm (Algérie, la vie quand même, 1999, Algérie, la vie toujours, 2001, Et les arbres poussent en Kabylie, 2003) kommt. Wo andere Regisseure längst geschnitten hätten, lässt sie sich Zeit, zu beobachten, den Zuschauer beobachten und die Bilder atmen zu lassen. Fern jeder Didaktik, jeder gutgemeinten Geschichtsstunde zeichnet sie ein einfühlsames Porträt der Figuren, auch wenn die Musik manchmal ein bisschen zu bedeutungsvoll daherkommt. (Der Film wäre mal einen längeren Text wert.) L’amour et la passion (Ägypten 2006) ist ein „typisch ägyptisches“ Melodram allererster Güte um die Irrungen und Wirrungen zweier Schwestern und unzähliger Nebenfiguren, Liebeskummer, Verrat und Familienzwist inklusive. Der Film von Kamla Abou Zikir sorgte, wohl eher unfreiwillig, für einige Lacher, so absurd sind die amourösen Verwicklungen. Ist wohl eher was für Fans von Verbotene Liebe etc. Den Abschluss des ersten Tages bildete die eher harmlose Musikkomödie Bosta (L’autobus) (Libanon 2005) von Philippe Aranctingi, der Hit des Jahres im Libanon. Kamal, nach 15 Jahren aus dem Exil zurückgekehrt, will in Erinnerung an seinen Vater, der im Bürgerkrieg ermordet wurde, dessen Tanzgruppe des „Utopia College“ wieder aufbauen. Doch deren moderne Variante des Dabké stößt nicht nur auf Anerkennung, als sie mit ihrem bunt bemalten Bus durchs Land gondeln. Hoffnung wollte der Regisseur mit seinem Film, an dem er 15 Jahre gearbeitet hat, vermitteln, zeigen, dass im Libanon eine neue Generation entsteht, den Klischees über den Bürgerkrieg entfliehen, die Lust am Leben zeigen. „Das Ende ist der Anfang“, heißt es am Schluss des Films. Seit dem 12.Juli ist der Film nur noch eine schmerzhafte Erinnerung daran, wie man sich die Zukunft hätte vorstellen können. Juanita de Tanger (Marokko/Spanien 2005) von Farida Benlyazid (Un porte sur le ciel), Geschichte einer Spanierin im Tanger zur Zeit des spanischen Bürgerkriegs, ist eine Literaturverfilmung und sieht auch so aus und hört sich auch so an. Ich gehe aber auf Filmfestivals, um Filme zu sehen, kein abgefilmtes Theater mit schweren Dialogen. Josef Farès, in Europa v.a. durch Jalla, Jalla bekannt, wandte sich in Zozo (Libanon, Schweden/UK/Dänemark 2005) ebenfalls dem libanesischen Bürgerkrieg zu. Als seine Familie kurz vor der Abreise nach Schweden zu den Großeltern ums Leben kommt, schlägt sich der kleine Zozo alleine durch. In Schweden angekommen ist das Leben jedoch keineswegs so viel einfacher, sondern er muss sich mit einer neuen Sprache und dem Mobbing durch seine Mitschüler auseinandersetzen, bis er schließlich in einem anderen (schwedischen) Außenseiter einen neuen Freund findet. Farès ist bemüht, selbst im Krieg die Hoffnung aufrecht zu erhalten. So bindet er immer wieder Traumsequenzen Zozos mit ein, sprechende Küken und im All schwebende Häuser, wo nur Mond und Sterne, aber keine Bomben oder Raketen den Nachthimmel erleuchten. Spätestens seit Benigni darf man sich die Frage stellen, ob es legitim ist, Krieg so zu ästhetisieren. Trotz aller guten Intentionen würde ich die Frage, mal wieder, mit Nein beantworten. Und schon wieder so ein gutgemeinter Film: Al Manara (Belgacem Hadjhadj, Algerien 2004), eine der wenigen rein algerischen Produktionen, verfolgt die Lebenswege dreier Jugendfreunde, symbolisch für die algerische Gesellschaft stehend, während des Bürgerkriegs, seit den Aufständen 1988. Die Wege von Fawzi, einem engagierten Journalisten, dem Arzt Ramdane und Asma trennen sich bald und es scheint unmöglich, die einmal entstandenen Gräben zwischen ihnen wieder zu kitten. Hadjhadj nimmt sich viel vor in diesem Film, will er schließlich sowohl Gründe als auch Auswirkungen der sozialen Spaltungen in 90 Minuten erklären. Doch die Verknüpfung von persönlicher und politischer Geschichte endet leider in einem didaktischen Thesenfilm, einer leçon de morale allererster Güte. To be continued

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