12.11.2006

JCC 1

11. November Zur Eröffnung gab es Indigènes zu sehen. Der neue Film von Rachid Bouchareb (Cheb, Little Senegal u. a.), der dieses Jahr in Cannes Premiere feierte, ist zurzeit der Liebling von Frankreichs Kritik und Publikum (ein der wenigen kritischen Stimmen stammt von meinem Lieblingsblogger Samir, der – kleiner Hinweis am Rande – überhaupt ganz viel Lesenswertes schreibt) und der erste Film, der sich mit der Rolle der tirailleurs im zweiten Weltkrieg beschäftigt (von den „Nachwirkungen“ erzählen u.a. auch Tasuma, le feu oder Ousmane Sembenes Camp de Thiayore). In einem entlegenen Dorf in Algerien werden die jungen Männer rekrutiert, um dann nach viel zu kurzer Ausbildung an vorderste Front geschickt zu werden. Von der versprochenen liberté, éaglité, fraternité bleibt nicht viel übrig, denn die Kolonialmacht Frankreich verheizt im Kampf gegen Nazideutschland zuerst die nordafrikanischen Soldaten, um den wenigen Überlebenden aus den ehemaligen Kolonien dann 1959 auch noch die Rente zu streichen. Indigènes, produziert unter anderem von Frankreichs bekanntem Komiker Jamel Debouzze und mit bekannten beur-Schauspielern besetzt (Debouzze, Roshdy Zem), nimmt sich eines Themas an, dass in französischen Geschichtsbüchern zu lange totgeschwiegen wurde. Vielleicht liegt genau darin das Problem des Films. Denn Indigènes ist zu oft Geschichtsstunde. Zu oft halten die Soldaten große Grundsatzreden, zu selten lässt Bouchareb sich und den Zuschauern die Zeit, die Dynamik innerhalb des Regiments zu beobachten, die kleinen Gesten, die auf Ablehnung oder Unterwerfung, Aufstiegsdenken oder Aufgeben schließen lassen. Dabei sind die wesentlich eindringlicher als viertelstündige Kampf-Sequenzen, in denen die Bedeutung der tiralleurs für den französischen Sieg und die später erfahrene Ungerechtigkeit unterstrichen werden soll. Sicher, Indigènes steckt voller guter Intentionen. Die Bedeutung des Themas macht es nicht leichter, deren filmische Umsetzung zu kritisieren.

1 Kommentar:

orcival hat gesagt…

womit dann aber in sachen geschichtsunterricht immerhin geklärt wäre, was arte in ca einem jahr so als abendprogramm senden wird, ne. ;-)
ausserdem wuerde man sich in deutschland ja schon fast wuenschen, dass geschichtsunterricht solche formen annimmt. ich zaehl mal nur "dresden" und "der untergang" auf...