24.08.2006

Barakat! von Djamila Sahraoui

Das bürgerkriegsgeplagte Algerien der 90er Jahre liefert den Hintergrund für Barakat! (Es reicht!). Regisseurin Djamila Sahraoui erzählt in ihrem Spielfilmdebüt die Geschichte der jungen Ärztin Amel (Rachida Brakni) und ihrer Kollegin Khadija, einer Krankenschwester in ihren Fünfzigern. Amels Mann, ein kritischer Journalist, wird von Integristen verschleppt. Hals über Kopf macht sich seine Frau in Begleitung Khadijas auf, um ihn zu suchen. Dies mag irrealistisch klingen. Doch nach den ersten 20 Minuten, nach dem Besuch in einem verlassenen Bergdorf, das den Fundamentalisten als Versteck dient, kommt die eigentliche Geschichte in Gang. Denn der Bürgerkrieg dient Sahraoui nur als Folie, vor der sie das Verhältnis der beiden Frauen beschreibt. Die beiden stehen symbolisch für zwei Generationen. Khadija erinnert sich noch lebhaft an die Zeit der Kämpfe der FLN, während Amel mit den ehemaligen Befreiungskämpfern nichts mehr zu tun hat. Weitestgehend ohne bedeutungsschwangere Dialoge gelingt es der Regisseurin, ein sensibles und subtiles Porträt dieser beiden Frauen zu zeichnen, die sich auf ihrem gemeinsamen Weg durchs algerische Hinterland näher kommen und verstehen lernen. Die Reise als Selbstfindung: es ist ein klassisches Motiv, dass Sahraoui da verwendet, doch es gelingt ihr, dieses eigenständig umzusetzen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Kameraarbeit. Man sieht Barakat! an, dass Sahraoui vom Dokumentarfilm kommt. Wo andere Regisseure gnadenlos geschnitten hätten, erlaubt sie sich lange Einstellung, gibt dem Zuschauer Zeit zu beobachten und den Bildern Zeit zum atmen. Wunderbar und berührend die Begegnung mit einem altem Mann, der die beiden Suchenden in seiner kleinen Hütte aufnimmt. Bevor er mit den Frauen die Reise fortsetzt, geht er zum Grab seiner Frau und verabschiedet sich. Um solche ergreifenden Szenen pathosfrei und subtil zu inszenieren braucht es ein geheiligtes Talent. Djamila Sahraoui verfügt darüber, das steht außer Zweifel. Fern jeder Didaktik, jeder gut gemeinten Geschichtsstunde (wie man sie in einigen anderen algerischen Produktionen der letzten Jahre findet, die sich mit den Jahren des Integrismus auseinandersetzen, wie etwa Belgacem Hadjhadjs El Manara) zeichnet sie ein einfühlsames Porträt der Figuren (selbst wenn die Musik hin und wieder ein bisschen zu bedeutungsvoll daherkommt) und setzt ein Zeichen gegen die Verdrängung. Barakat!
Barakat! (Djamila Sahraoui, Algerien/Frankreich 2006)

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