07.11.2007

Khlifa Lagra'a

Ich habe gerade endlich Khlifa Lagra'a (Khlifa der Glatzkopf) gesehen, den ersten (und einzigen) Spielfilm des tunesischen Regisseurs Hamouda Ben Halima. 1969 gedreht gilt er als einer der wichtigsten frühen tunesischen Filme, und wenn man ihn sieht wird selbst bei einer völlig verratzten Kopie schnell klar, warum. Und es fällt auf, wie viele Element, die als so typisch für die Filme der späten Achtziger, frühen Neunziger gelten, sich schon bei Ben Halima finden.
Die Handlung (der Film ist eine Adaption des gleichnamigen Romans von Bechir Khraief) ist schnell erzählt: Khlifa, ein Waise, lebt in der Altstadt von Tunis und wird trotz seiner 20 Jahre nicht für voll genommen, da er keine Haare hat. Er verrichtet Botengänge für die Bewohner des Viertels und erhält Zutritt zu den Häusern der Altstadt, in die ein "normaler" Fremder (Mann) nie Einblicke erhalten würde. Er wird Freund, Vertrauter, Liebhaber der Frauen. Und zieht den Zorn der männlichen Bewohner des Viertels auf sich.
Der Parcours des Helden durch die Gassen der Altstadt, die Blicke in "verbotene" Räume, der Mann, der Zutritt in das Reich der Frauen erhält, gesellschaftlicher Schein und Sein, die Doppelmoral (religiöser) Autoritäten, Definitionen von Männlichkeit – all diese Elemente finden sich in Khlifa Lagra'a, genauso wie man sie später zum Beispiel bei Nouri Bouzid (vor allem in L'homme des cendres), bei Moncef Dhouib (Ya Soltane el Medina) und Ferid Boughedir (Halfaouine) wiederfindet. In dieser Hinsicht ist der Film von Hamouda Ben Halima wirklich eines dieser berühmten Aha-Erlebnisse, da er auf bestimmte thematische (s.o.) und auch stilistische Entwicklungslinien (die vielzitierte Raumgestaltung zum Beispiel) im tunesischen Film verweist, die zumindest mir vorher nicht in dieser Deutlichkeit bewusst waren. Spannend außerdem dieses diffuse Gefühl von Nouvelle Vague, das in dem Film mitschwingt (vgl. auch Hedi Khelils Abecedaire du Cinéma Tunisien, der das v.a. an der Hauptfigur festmacht) und ihn nach wie vor so modern wirken lässt. Und immer wieder gut: die, hier noch ganz junge, Mouna Noureddine. Schöne (wenn auch späte) Entdeckung, dieser Film!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hallo sarah,

wo hast du denn den film gesehen? klingt sehr interessant. ich würde ihn auch gern sehen.

grüsse

Sarah hat gesagt…

geheime kanäle... ;) ich habe über drei ecken eine kopie bekommen, gibt ihn leider nicht auf dvd, soweit ich weiß, obwohl er wirklich das tunesische kino beeinflusst hat.